Samstag, 4. Juni 2005

Fehlerkultur: Strafe muss sein!

Jeder macht Fehler. Im besten Falle lernen wir daraus. Doch Fehler sind in deutschen Unternehmen verpönt. Sie werden vertuscht oder verschwiegen. Oder es werden Sündenböcke gesucht, die man bestraft.
Deutsche haben ein gestörtes Verhältnis zu Fehlern und das hat fatale Folgen für die Wirtschaft.

Wir sind alle perfekt!
Sicherlich fürchten Manager und Firmenchefs Misserfolge. Um auf der sicheren Sonnenseite des Erfolgs zu stehen, verhalten sich viele defensiv, treffen keine Entscheidungen, vertreten keine Meinungen, sind äußerst vorsichtig und vermeiden Risiken. Obwohl das eigentliche Erfolgsrezept "Try and error" lautet, schwimmen wir im Mainstream und feiern den deutschen Perfektionismus.

Wenn Du nicht lieb bist, dann... !
Wo liegen die Ursachen? Es beginnt im Elternhaus. Kinder werden bestraft, wenn sie etwas falsch machen.
Strafarbeiten in der Schule, Hausarrest, wenn sie nicht artig und brav sind. Liebesentzug, wenn sie nicht funktionieren, wie es sich die Eltern wünschen, Drohungen, wenn sie sich nicht anpassen. Sprüche wie: "Ich will doch nur Dein Bestes! "Du bist undankbar" oder "der liebe Gott sieht alles" jagen Kindern Schuldgefühle ein.
Somit lernt ein Kind sehr schnell, dass es nicht so sein darf, wie es ist. Also verhält es sich so, wie es die Erwachsenen von ihm erwarten.
Damit ein Kind von den Eltern Anerkennung, Lob und Zuneigung erfährt, verhält es sich also perfekt "fehlerfrei" und unterdrückt seine Bedürfnisse und Gefühle.Was in der Erziehung und Schule vorbereitet wurde, wird im Beruf fortgesetzt.

Wir wollen geliebt werden!
Bleibt die Frage, wie wir uns aus diesem Kreislauf befreien. Die Antwort ist simple: Jedes Kind wird als Individuum geboren. Aufgabe der Eltern ist es, das Kind zu begleiten. Bei uns wird erzogen! So entstehen Ängste, Hemmungen Schuldgefühle, Aggressionen und Gefühlskälte.
Würden wir geliebt, wie wir sind, dürften wir auch Fehler machen!

Gute Beispiele für gelebte Fehlerkultur
Der Hardware Konzern Hewlett Packard hat die Fehlerkultur zur Unternehmenskultur erhoben. Der Chip-und Telefonhersteller Motorola startete vor einigen Jahren sogar eine Kampagne für Fehlertoleranz und erregte damit in der Öffentlichkeit großes Aufsehen. Bei Motorola gilt: Wer einen Fehler entdeckt, ist dafür verantwortlich ihn zu beheben. Für deutsche Unternehmen völlig abwegig, feiert das Unternehmen Niederlagen. Tatsächlich geht es dem Telefonhersteller darum, Fehler zu tolerieren und durch Misserfolge zu lernen.

Hierachien sind das Hauptproblem
"Nicht nur die Hierachien sind in Deutschland das Hauptproblem, sondern auch die Hierachien der Beschuldigung", meint der finnische Professor Matti Otola, der lange Zeit in Deutschland arbeitete. "Chefs müssen lernen Fehler einzugestehen," fordert Matti Otola.

Gewinnkultur
In England praktizieren hochrangige Manager und britische Promis die neue Form der Selbstanklage. In dem Buch Ending the Blame Culture stehen 227 publizierte Geständnisse. Die drei Autoren Michael Pearn,Chris Mulrooney und Tim Payne machen eigene Fehler öffentlich, analysieren sie und demonstrieren, wie sich ein Unternehmen von der Fehlerkultur zur Gewinnkultur entwickeln kann.
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